Wächter von Phu Quoc
Ein Hund mit Rückenhaarkamm und Pfoten mit Schwimmhäuten ist die Kuriosität von
Phu Quoc, einer kleinen Insel im Südwesten Vietnams. Dieser Vierbeiner mit außergewöhnlichen
Fähigkeiten wäre jedoch beinahe ausgestorben!
"Kommen Sie gleich, wir gehen auf die Jagd!" Unser Führer am anderen Ende der Leitung
frohlockt: er hat einen Schlupfwinkel von Hunden mit Rückenhaarkamm ausfindig gemacht.
Wir lassen alles stehen und liegen und verlassen die lebhaften Straßen des Markts
von Duong Dong, der Hauptstadt von Phu Quoc, und eilen nach Cua Duong in der Inselmitte.
© VKC
Der Wurf erfolgt im Erdbau
Die Schnellstraße führt durch ein waldbestandenes Tal, und unsere Motorroller werden
auf dem frisch aufgetragenen Bitumen durchgerüttelt, als wir drei aufgeregte Hunde
mit Rückenhaarkamm erblicken. Hier werden sie "Ridgebacks" genannt, aus dem Englischen
"ridge" (Kamm) und "back" (Rücken). Diese merkwürdigen Hunde, die zudem Pfoten mit
Schwimmhäuten haben, sind ausgezeichnete Fischer und Jäger. Sie können auf Bäume
klettern, in Erdbauten graben und verfügen über einen als außerordentlich geltenden
Spürsinn.
Herr Hue, Besitzer von rund zehn Ridgebacks und Direktor eines Hotels an der Westküste
der Insel, berichtet: "Die Bewohner von Phu Quoc haben diesen Hund bereits vor Jahrhunderten
domestiziert, als Bewacher ihrer Wohnstätten, bevor sie festgestellt haben, dass
er auch auf der Jagd und beim Sammeln von Heilpflanzen eine wertvolle Hilfe leisten
kann.
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Unter den 400 weltweiten Hunderassen besitzen nur drei diesen linienförmigen Wirbel
auf dem Rücken. Die Fédération Cynologique Internationale (FCI) mit dem Sitz im
belgischen Thuin hat den Thai Ridgeback im Jahr 1993 und den Rhodesian Ridgeback
im Jahr 1996 anerkannt, jedoch noch nicht den Phu-Quoc-Hund.
Über die Herkunft dieser Hunderasse vom Urtyp ist die wissenschaftliche Welt weiterhin
geteilter Meinung. Eine der umstrittenen Theorien vermutet eine Verwandtschaft des
Ridgeback mit dem australischen Wildhund Dingo, während eine andere Theorie davon
ausgeht, dass alle Hunderassen mit Rückenhaarkamm einen gemeinsamen Ursprung haben.
An der tiermedizinischen Fakultät von Utrecht in den Niederlanden derzeit laufende
neue DNA-Studien müssten in Kürze seriöse Ergebnisse liefern.
Offiziell wurden auf der Insel 10.000 Hunde mit Rückenhaarkamm gezählt, doch Cao
Minh Kim Qui, der Generalsekretär der Vietnam Kennel Association (VKA), FCI-Vertragspartner
im Vietnam, ist eher skeptisch: "Es handelt sich um eine ungefähre Schätzung, denn
durch die während Jahrzehnten vorgenommenen zahlreichen Kreuzungen zwischen dem
Phu-Quoc-Hund und anderen Rassen ist es zu einem starken demographischen Rückgang
gekommen." Seit 2004 unterstützt das Landwirtschafts- und Landentwicklungsamt der
Provinz Kien Giang verschiedene Projekte zum Schutz dieser Rasse. Dazu gehört die
Vergrößerung eines alten Zwingers, den wir aufsuchen.
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Anfang Dezember endet die Regenzeit am 10. nördlichen Breitengrad. Der Nationalpark
von Phu Quoc - ein Biosphärenreservat, in dem sich der Tropenwald über 37.000 Hektar
erstreckt, stellt das optimale Gelände für den Ridgeback dar, zu dessen Lieblingsspeisen
fliegende Eichhörnchen, Wildschweine und große Hirsche gehören. Vor allem ist er
ein ausgezeichneter Schlangenfänger.
Ein matschiger und steiniger Weg dringt in das Dickicht unter einer dichten Kronenschicht
ein. Im Schatten der Katappenbäume sind es bereits 30 °C, und um die riesigen Zitronengrasbündel
schwirren große Mückenschwarme. Nachdem wir das Gittertor des Thanh Nga-Zwingers
passiert haben, stürzt gleich ein Rudel freudig japsender Welpen auf uns zu. Dieser
von 8 Hektar Wald umgebene Ort ist wirklich sehr außergewöhnlich. Die meisten Gehege
sind leer, inmitten eines riesigen Parks, in dem über 400 Phu-Quoc-Hunde umherflanieren.
Die reinrassigsten 5 % werden verkauft, und zwar hauptsächlich auf dem Markt von
Ho-Chi-Minh-Stadt, an reiche vietnamesische und ausländische Kunden. Die Insel exportiert
im Durchschnitt jeden Monat zwischen 20 und 30 Hunde.
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Der Eigentümer des Zwingers, Le Quoc Tuan, gibt sich optimistisch: "Der Wert des
Ridgeback dürfte noch weiter steigen, sobald er zu den 343 von der FCI anerkannten
Hunderassen hinzukommen wird." Die Akte liegt in Belgien bereit, und es wird gemunkelt,
dass das Anerkennungsverfahren 2014 eingeleitet werden wird.
Albelle Di Napoli
National Geographic - Juli 2013